Was kosten Hörgeräte und was zahlt die Krankenkasse?

Symbolbild

Wie viel ein Hörgerät kostet hängt natürlich von vielen Faktoren ab, wie bei der Frage „Was kostet ein Auto?“. Im folgenden Beitrag erklären wir Ihnen deshalb, was ein Hörgeräte in der Regel kosten darf und welchen Anteil Ihre Krankenkasse zahlt. Ebenfalls erfahren Sie, wie Sie ein fast kostenloses Premium-Hörgerät beanspruchen können.

Kostenspanne für Hörgeräte

Die günstigsten Basisgeräte kosten zwischen 0 und 500 Euro, die mittlere Variante bekommt man zwischen 500 und 1300 Euro. Für 1300 bis 2500 Euro sollte man ein Hörgerät mit hervorragender Ausstattung erwarten können, aber es geht noch teurer. Denn je nach Bedürfnis oder auch Farbwunsch der Kunden, verlangen einzelne Händler bis zu 6000 Euro, um auf beiden Ohren ein Hörgerät tragen zu können. Bei diesen Geräten spricht man von High-End Hörgeräten.

Die Preise von Hörgeräten haben sich in den vergangenen 10 Jahren nahezu verdoppelt. Es ist aber davon auszugehen, dass sich dieser Trend nicht fortsetzt, da die technischen Entwicklungen in dieser Zeit gleichzeitig massiv zugenommen haben. Ein Basisgerät aus 2021 wäre daher 2010 bereits als High-End Hörgerät eingestuft worden und hätte um einiges mehr gekostet als heute.

Was Sie für welchen Preis erwarten dürfen

Hörakustiker geben gute Richtlinien, welche Situationen die Hörgerätegruppen beherrschen sollten:

NulltarifUntere MittelklasseMittelklasseObere MittelklasseSpitzenklasse
ZuhauseXXXXX
GesellschaftXXXXX
TV/Kino XXXX
Telefon XXXX
Natürlicher Klang  XXX
Stadt  XXX
Restaurant   XX
Unterhaltung bei Wind   XX
Musik   XX
Meetings und Vorträge    X
Kirche und Museum    X
Theater und Musical    X
Unterhaltung im Auto    X
Situationen, die je nach Preiskategorie gemeistert werden sollten1

Neben den Situationen können auch dezidierte technische Merkmale aufgeführt werden, die in den Gruppen erfüllt werden sollten:

EigenschaftenBasisMittelPremium
Digitale Signalverarbeitungjajaja
Unterdrückung von Rückkoppelungenjajaja
Bis zu 4 Hörprogrammejajaja
Mehrkanal-Technik mit mindestens 4 Kanälenjajaja
Unterdrückung von Störschalljajaja
Automatische Verstärkung von Sprachsignalenjajaja
Mehrmikrofontechnikjajaja
Audioeingang für Zusatzgerätejajaja
Drahtlose Verbindung zum Fernseher oder Telefonjaja
Einstellbare Spracherkennung und Sprachverbesserungjaja
Automatisches Richtungshören für bessere Klarheit in Gesprächenjaja
Automatisches 360° Hören zur besseren räumlichen Orientierungja
Automatische Anpassung an unterschiedliche Hörumgebungenja
Umfangreiches Angebot an Farben und Designsja
Funktionen, die je nach Preiskategorie erfüllt werden sollten2

Wie viel zahlt meine Krankenkasse dazu?

Wenn Sie eine HNO-Verordnung vorliegen haben, zahlt die Krankenkasse einen Höchstsatz von 784,94€ für einseitige Hörgeräte und 1.412,89€ für beidseitige Hörgeräte. Das zweite Hörgerät wird somit weniger bezuschusst als das erste. Dieser Umstand stößt bei vielen Sachverständigen auf Unverständnis, weil häufig das zweite Hörgerät erst den entscheidenden Ausschlag gibt, um das räumliche Verstehen zu ermöglichen. Viele Hörgeräteakustiker geben ihren Kunden aber eine Art Mengenrabatt mit. In der Regel wird das zweite Hörgerät deshalb um 15-20% günstiger als das erste. Das wird von den Kassen als üblich angesehen. Dadurch wird angenommen, dass alle Akustiker so rechnen. Dadurch fällt die Kostenübernahme für das zweite Hörgerät geringer aus. Wer nun aber einen Akustiker ohne Rabatt für das zweite Ohr erwischt, der muss in den sauren Apfel beißen. Erkundigen Sie sich daher immer vorher, wie Ihr Hörakustiker abrechnet.

Hinzu kommt eine Kostenübernahme von rund 140 Euro für Reparatur- und Wartungskosten sowie jeweils 33,50 Euro für die Ohrpassstücke. Je nach Krankenkasse fallen noch Eigenanteile von 10 Euro und ggf. Servicegebühren an, die sich im Bereich von 80 Euro ansiedeln.

Die Krankenkasse hat Anforderungen

Damit die Kostenübernahme Ihrer Krankenkasse auch garantiert ist, muss das jeweilige Hörgerät gewissen Anforderungen genüge tragen. Es bietet sich demnach an vorher mit der Krankenkasse Rücksprache zu halten und zu klären, ob das angebotene Gerät refinanziert wird. Veraltete Geräte werden bspw. nicht mehr übernommen. Sollten Sie also ein solches Gerät angeboten bekommen haben und befinden sich nicht mehr innerhalb der Rückgabefrist, müssen Sie die Kosten dafür selber tragen. 

Bietet Ihnen der Hörakustiker nun also ein Oberklasse-Gerät an, das er für genau so viel Geld einkauft, wie Ihre Krankenkasse übernimmt, kann man sich leicht ausrechnen, dass der Akustiker keinen Cent Gewinn erwirtschaftet. Demnach sind die Basisgeräte auch eher günstig, aber mindestens mit den notwendigen gesetzlich vorgeschriebenen Funktionen versehen:3

  • digitale Signalverarbeitung 
  • Mehrkanal-Verstärkertechnik, mindestens 4 Kanäle 
  • Rückkoppelungsunterdrückung
  • Störschallunterdrückung
  • mindestens 3 vom Hörgeräteakustiker frei programmierbare, akustisch übertragene Hörprogramme 
  • Verstärkungsleistung > 75 dB bei Hörgeräten für Versicherte mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit 
  • Verstärkungsleistung > 25 dB bis > 75 dB bei den übrigen schwerhörigen Versicherten 
  • Eine ausreichende Verstärkungsreserve von 10 – 15 dB je nach Anpassformel ist zu berücksichtigen

Das kann jedoch trotzdem bedeuten, dass Ihnen der Hörakustiker ein Hörgerät zum Nulltarif anbietet, das über mehr Funktionen verfügt. Die o.g. Anforderungen sind erst einmal das Mindestmaß, das erreicht werden muss, um von der Krankenkasse akzeptiert zu werden. 

Wird Ihnen ein Gerät angeboten, das über mehr Funktionen verfügt UND dabei deutlich teurer ist, müssen Sie aufgrund dessen den Differenzbetrag, der die Kassenzulage übersteigt, aus eigener Tasche zahlen. 

Größerer Hörschaden = Mehr Unterstützung

Es gibt natürlich Fälle, in denen die Hörschädigung derart groß ist, dass die Zuzahlung der Krankenkasse nicht ausreicht. Folglich entschied das Sozialgericht, dass Krankenkassen hier nicht auf ihre vorgeschriebene Zuzahlung beharren können, sondern dem Versicherten ein passendes Gerät finanzieren müssen.4

Beispiel: Ein Patient hat eine mittelschwere Hörschädigung und bekommt ein Kassengestell für 1.300 Euro für beide Ohren angeboten. Dieses verfügt über die o.g. Mindestanforderungen. Der Patient möchte jedoch noch eine Bluetoothverbindung aufbauen können. Dieser Zusatz kostet 300 Euro extra. 
Er müsste den Differenzbetrag, der die Kassenleistung übersteigt privat tragen, da auch ohne Bluetooth das Hörvermögen wiederhergestellt werden könnte. Seine persönlichen Präferenzen zu Konnektivität sind privat zu finanzieren.
 
Ein Patient hat eine extreme Hörschädigung und bekommt ein Kassengestellt für 1.500 Euro angeboten, wodurch sich sein Hörvermögen nur um 10% verbessern würde, da es schlicht für die Erkrankung nicht ausreicht. Hier muss die Kasse die von ihr zu tragende Zusatzzahlung erhöhen und dem Patienten die Wiederherstellung seines Hörvermögens ermöglichen, da es sich nicht um Bequemlichkeit oder Präferenzen handelt, sondern die Wiederherstellung des Sinnes.

In diesem Preis muss der Hörgeräteakustiker bereits viele Unwägbarkeiten berücksichtigen. Neben dem Hörgerät und dem Ohrpassstück berücksichtigt er deshalb eine Reparaturpauschale, die Erstanpassung, Nachjustierungen, Reinigung und Wartungen.

Je mehr Zeit der Akustiker für die Nachsorge einplant, umso günstiger muss er das Hörgerät einkaufen, um einen Gewinn erzielen zu können.

Premiumhörgeräte zum Nulltarif

Das ist auch der Grund, warum Hörgeräte im Internet, die vollständig von der Krankenkasse gezahlt werden, in Premiumqualität angeboten werden können. Neueste Technologien ermöglichen eine Nachjustierung per Telefon. Dadurch kann die Einstellung dann über Bluetooth an das Hörgerät übertragen werden. Das Ohrpassstück ist aus Silikon gefertigt und wird in verschiedenen Größen mitgeliefert, sodass jedes Ohr bedient werden kann und durch die große Anzahl an verkauften Hörgeräten kann eine Zentralwerkstatt die Reparaturen für die Kunden vornehmen. All das ist natürlich viel günstiger als für einen Akustiker, der in seinem Laden täglich nur ein paar Kunden bedient.

Wer also großen Wert auf ein technologisch sehr hochwertiges Hörgerät legt und die private Zuzahlung vermeiden möchte, sollte sich zumindest die Angebote der Online-Händler genauer anschauen. Bei Nicht-Gefallen bieten einige von ihnen auch ein 30-tägiges Rückgaberecht an.5 Bedenken Sie dabei jedoch, dass der direkte Kontakt – Auge in Auge – dabei entfällt. Dafür können Sie alles von zuhause regeln und haben über die kostenlosten Service-Hotlines immer einen ausgebildeten Ansprechpartner, der mit Ihrem Fall betraut ist und sogar aus der Ferne Anpassungen an Ihrem Gerät vornehmen kann.
Mehr Informationen zum Hörgerätekauf über das Internet finden Sie hier.


Quellen:

  1. https://www.rhein-neckar-akustik.de/hoergeraete.html
  2. https://www.welches-hoergeraet.de/horgerate-preise-wie-viel-kostet-ein-gutes-horgerat-20.html
  3. Bekanntmachung des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, https://dsb-lv-nrw.de/images/ALT/PDF/DSB_Bundesverband/Brief_an_Gesundheitsminister/Fortschreibung_PG13_Hoerhilfen_180228.pdf
  4. https://www.vdk.de/deutschland/pages/mitgliedschaft/so_hilft_der_vdk/74429/kasse_muss_volle_kosten_fuer_hoergeraet_uebernehmen
  5. https://dein-echo.de

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