Es gibt verschiedene Arten von Hörgeräten und damit auch viele verschiedene verbaute Techniken. Man stolpert bei der Wahl eines Hörgerätes immer über Begriffe wie 360-Grad-Hören, Richtungshören, omnidirektional u.v.m. Doch was steckt eigentlich hinter diesen Vokabeln und was ist das richtige für Sie? Das erklären wir Ihnen hier.
Worum es überhaupt geht…
Wir befinden uns erst einmal im Bereich der Mikrofone von Hörgeräten. Also geht es bei diesen Wörtern immer darum wie das Schall vom Hörgerät aufgenommen wird. Man muss nicht unbedingt alles über die technischen Einzelheiten der speziellen Mikrofontypen wissen. Ein paar Kenntnisse über die Eigenheiten helfen aber dabei, die passende Technologie für sich selbst zu finden.
Omnidirektional, direktional oder direktional adaptiv
Man unterscheidet primär die Typen omnidirektional, direktional und direktional adaptiv. Dabei muss man im Grunde nur die ersten beiden kennen, da die adaptive Technologie einfach zwischen den beiden anderen hin und her schaltet.
Omnidirektionale Mikrofone nehmen den Schall aus allen Richtungen auf. Das hat einerseits den Vorteil, dass man viele Eindrücke aus der Umwelt gewinnt. Andererseits führt das auch dazu, dass mehr Geräusche verstärkt werden, als man möchte. Wenn man sich bspw. mit einem Freund Auge in Auge unterhält und der Lärm, der hinter einem stattfindet, genauso laut ist wie der Freund, kann das schon stören.
Hier kommt das direktionale Mikrofon zum Einsatz. Man spricht dabei auch von Richtmikrofonen Sie können den Schall aus einer bestimmten Richtung aufnehmen und danach verarbeiten. Für Gespräche ist die direktionale Art am angenehmsten. Das Mikrofon lässt sich so einstellen, dass es den Schall aus der Blickrichtung des Trägers aufnimmt. Man kann also gezielter zuhören und nimmt nicht allzu viele Nebengeräusche wahr.
So funktioniert 360-Grad-Hören
Unsere Ohren haben die Eigenschaft, dass sie in einem gewissen Abstand voneinander angewachsen sind. Zudem übernimmt unser Gehirn in Zusammenarbeit mit dem Ohr, ohne dass wir uns darauf konzentrieren, eine Menge von Informationsverarbeitung. Je nachdem von wo Geräusche auf uns einwirken, kann unser Gehirn die Richtung relativ präzise bestimmen. Kommt ein Auto von links, dann gelangt der Schall zuerst ins linke Ohr und Bruchteile einer Sekunde später in das rechte Ohr. Diesen minimalen Unterschied verarbeitet das Gehirn umgehend und kann so bestimmen, von wo das Geräusch kommt. Gleichzeitig lässt es andere Geräusche in den Hintergrund rücken.
Diese Idee macht sich das Hörgerät ebenfalls zu eigen. Hierfür gibt es zwei technische Ansätze.
Richtmikrofon vs. Kugelmikrofon
Wahrhaftige Richtmikrofon-Hörgeräte gibt es gar nicht mehr so häufig. Sie sind mit einem Richtmikrofon ausgestattet, das den Schall aus der gewünschten Richtung verstärkt. Ebenfalls besitzen sie ein omnidirektionales Mikrofon, dass die Umgebungsgeräusche aufnehmen kann und entsprechend herausfiltert, um Störungen zu reduzieren, oder je nach Einstellung verstärkt, um die Umwelt besser wahrzunehmen.
Der häufigste Typ im Handel ist das Doppelmikrofonsystem. Es ist mit zwei omnidirektionalen bzw. Kugelmikrofonen ausgestattet. Wie wir wissen nimmt ein omnidirektionales Mikrofon den Schall ringsherum auf. Aber wieso sollten zwei davon dann präziseres Hören ermöglichen?
Mikrofone ergänzen sich zum Richtungshören
Die Mikrofone arbeiten nun ähnlich wie unser Gehirn. Wenn der Schall von vorne kommt, dann nimmt das vordere Mikrofon diesen Schall als erstes wahr. Einen Bruchteil einer Sekunde später registriert das hintere Mikrofon den Ton. Diese minimale Zeit reicht aus, damit der Computerchip im Hörgerät berechnen kann, von wo das Geräusch stammt. Je besser der Chip, desto schneller und präziser kann er dies berechnen.

Beispiel:
Die blonde Frau im hellen Oberteil trägt auf beiden Ohren ein Hörgerät mit jeweils zwei omnidirektionalen Mikrofonen. Die dunkelhaarige Frau sitzt aus ihrer Sicht vorne links und beginnt zu sprechen. Der Schall des Gesprochenen trifft nun zuerst auf dem linken Hörgerät auf. Um genau zu sein trifft er Bruchteile einer Sekunde eher am vorderen Mikrofon des linken Hörgeräts auf als am hinteren Mikrofon. Zuletzt trifft der Schall auf das rechte Hörgerät. Der Chip weiß nun also, dass er den Ton so zu verstärken hat, als käme er von vorne links. Geräusche bzw. Lärm von hinten kann er bei der Verstärkung vernachlässigen.
Richtungshören ist unterm Strich eine tolle Sache. Doch nicht in jeder Situation ist Richtungshören dem räumlichen Hören vorzuziehen. Im Straßenverkehr kann es durchaus von Vorteil sein auch periphere Einflüsse verstärkt zu hören. Beim Gespräch mit dem Abteilungsleiter in der Kantine würde der übermäßige Lärm jedoch stören, wodurch Richtungshören wieder seine Vorzüge hat.
Es bietet sich also an auf beide Optionen zurückgreifen zu können. Mit neuen Hörgeräten sollte das überhaupt kein Problem sein. Fragen Sie unbedingt bei Ihrem Hersteller oder Akustiker nach, ob sie bequem zwischen räumlichem Hören und Richtungshören wechseln können. Oftmals nehmen Ihnen die Hörgeräte diese Entscheidung schon ab, indem sie durch Umgebungserkennung das Hörprogramm wechseln. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die richtige Mikrofontechnologie verbaut wurde. Je mehr Mikrofone zur Verfügung stehen, umso präziser kann das Hörgerät auch arbeiten!
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