Viele Menschen ignorieren ihre Schwerhörigkeit und versuchen mit ihr zu Leben. Dadurch können weitreichende Schäden entstehen, sowohl physischer als auch psychischer Natur.
Studie belegt…
Die wohl wichtigste Nachricht vorweg: Schwerhörige, die ihre Symptome ignorieren, verlieren stetig mehr Gehirnmasse, als jene, die sich behandeln lassen. Das ergab eine über 10 Jahre angelegte Studie von Dr. med. Frank R. Lin von der Johns Hopkins University.
In seinem Versuch nahm Lin jährlich ein MRT von den Gehirnen einer gleichbleibenden Gruppe von 126 Proband*innen auf. Über den Zeitraum von 10 Jahren verschaffte er sich ein Bild davon, wie sich die Hirnmasse der 51 unter Schwerhörigkeit erkrankten Proband*innen verändert hat.
Dass die Gehirnmasse im Laufe des Lebens abnimmt, ist vollkommen normal. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die schwerhörigen Personen im Schnitt 1 Kubikzentimeter mehr Gehirnmasse pro Jahr verloren, als normal hörende Personen. Lin kam zu dem Schluss, dass die Behandlung von Schwerhörigkeit in frühen Phasen am wichtigsten ist. Die Regionen, die für Sprache und Klang verantwortlich sind, werden bei einer unbehandelten Schwerhörigkeit nicht ausreichend stimuliert. Dies begünstigt somit den negativen Verlauf zusätzlich.1
Verlust sozialer Kontakte
Neben diesem drastischen Ergebnis müssen auch soziale Effekte als Nebenwirkung einer unbehandelten Schwerhörigkeit berücksichtigt werden. „Denn viele Betroffene ziehen sich mit zunehmendem Hörverlust sozial immer mehr zurück – meist aus Scham oder weil das Zuhören einen regelrecht auslaugt. Soziale Isolation, Depression und nachlassende kognitive Leistungen sind oft die Folge.“2
Verlieren Sie kein Gehalt!
Es kann sogar eine direkte Verbindung zwischen der Behandlung von Hörschwierigkeiten und dem Einkommen festgestellt werden. In einer Studie mit 3.840 Hörgeschädigten zeigte sich, dass sich das Einkommen von Personen mit behandelter zu Personen mit unbehandelter Schwerhörigkeit unterscheidet.
Der Grad des Hörverlusts wurde in 10 Stufen eingeteilt. Dabei zeigte sich, dass je gravierender der Hörverlust ist, umso größer sind die Gehaltsunterschiede zwischen behandelten und nicht behandelten Proband*innen. Im Schnitt verdienten bspw. Personen mit einer sehr leichten Schwerhörigkeit, die in Behandlung ist 1.690$ mehr als jene Personen mit einer sehr leichten Schwerhörigkeit, die sich nicht behandeln lassen. Je nach Schweregrad nimmt diese Differenz stetig zu. Wer eine starke Schwerhörigkeit nicht behandeln lässt, verdient demnach durchschnittlich 11.730$ weniger als jemand, der diese starke Schwerhörigkeit behandeln lässt.3
Unbehandelte Schwerhörigkeit in Deutschland
Die wissenschaftliche Studie „Hearing Loss – Numbers and Costs“ zeigt auf, dass die verminderte Produktivität von Personen mit unbehandelter Schwerhörigkeit (ab 35 Dezibel) einen wirtschaftlichen Verlust von 10 Milliarden Euro begründet. Die Kosten, die aufgrund der gesunkenen Lebensqualität entstehen, werden sogar auf 39 Milliarden Euro beziffert. Die Summe setzt sich zusammen aus den Kosten, die aus einer schlechteren Lebensqualität resultieren sowie aus der höheren Arbeitslosenrate bei unversorgten Schwerhörenden.4
Depression und Demenz
Es wurde ein starker Zusammenhang deutlich gemacht zwischen unbehandelter Schwerhörigkeit und dem Risiko zu vereinsamen, an Depressionen oder Demenz zu leiden sowie kognitive Fähigkeiten abzubauen. „Im Vergleich zu Normalhörenden besteht für Personen, die etwas gegen ihre Schwerhörigkeit unternehmen, kein erhöhtes Risiko.“5
Kim Ruberg, Generalsekretär der Interessengemeinschaft hear-it AISBL sagt zu diesen Erkenntnissen: „Die Studie führt uns deutlich vor Augen, dass unbehandelte Schwerhörigkeit ein erhebliches und weit verbreitetes Gesundheitsproblem darstellt, das eine immense ökonomische und soziale Auswirkung auf unsere Gesellschaft hat. Der Bericht zeigt aber auch, dass sich eine Untersuchung des Gehörs und die Behandlung einer Schwerhörigkeit auszahlen. Dies gilt sowohl für den Einzelnen als auch für die Gesellschaft“.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine kostenlose Smartphone-App auf den Markt gebracht, mit der Sie Ihre Hörgesundheit überprüfen und über einen längeren Zeitraum verfolgen können. iOS/Apple: https://apps.apple.com/de/app/hearwho-check-your-hearing/id1449966543 Android: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.hearxgroup.hearwho&hl=gsw&gl=US
Quellen:
- Lin, F R et al. “Association of hearing impairment with brain volume changes in older adults.” NeuroImage vol. 90 (2014): 84-92. doi:10.1016/j.neuroimage.2013.12.059
- https://www.apotheken.de/news/13099-schwerhorigkeit-nicht-ignorieren
- HJ REPORT, The Hearing Journal: October 2005 – Volume 58 – Issue 10 – p 6 doi: 10.1097/01.HJ.0000285779.52996.b6
- https://www.audio-infos.de/neues-in-kurze/1678-hearing-loss-numbers-and-costs
- https://www.schwerhoerigen-netz.de/dsb-home/details/news/unbehandelte-schwerhoerigkeit-verursacht-hohe-kosten/
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